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Abschlussbericht zu den Fußball-Kulturtagen NRW 2021

Im Rahmen der diesjährigen Fußball-Kulturtage der Landesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte NRW e.V. sowie der angeschlossenen sozialpädagogischen Fanprojekte wurde einer breiten Öffentlichkeit zum wiederholten Male die Möglichkeit geboten, an einem vielfältigen Programm an Kulturveranstaltungen teilzunehmen. Die Länderspielpause im Oktober wurde von den Fanprojekten in Nordrhein-Westfalen erneut dafür genutzt, um verschiedenen Themen rund um den Fußball einen öffentlichen Raum zu bieten.

Das Fanprojekt Bochum hat zu diesem Anlass in den vergangenen Tagen verschiedene (Kultur-)Veranstaltungen angeboten. In Zusammenarbeit mit der Stadtteilinitiative Langendreer Hat`s und dem LutherLAB e.V. stand in diesem Jahr überwiegend der Stadtteil Bochum-Langendreer als Veranstaltungsort im Mittelpunkt. Die Ausstellung „Unsere Heimat, unsere Liebe“ der Arbeitsgemeinschaft „1938, nur damit es jeder weiß“ und des Fanprojekt Bochum konnte im LutherLAB in der ehemaligen Lutherkirche ausgestellt werden. Bis einschließlich 21. Oktober wird die Ausstellung, die insbesondere die Geschichte der Stadt Bochum zur Zeit des Nationalsozialismus sowie die Gründungshistorie des VfL Bochum 1848 in den Blick nimmt, dort zu sehen sein. Ein Überblick über angebotene Führungen und Zeiten zur freien Besichtigung ist hier zu finden.
Neben der benannten Ausstellung, diente das LutherLAB auch als Veranstaltungsort für eine Lesung von Andrea Behnke und einen Vortrag von Ingo Petz. Die Kinder- und Jugendbuchautorin Andrea Behnke bot in ihrer Lesung aus ihrem Buch „Die Verknöpften“ spannende Einblicke in die Geschichte einer kindlichen Freundesgruppe zur Zeit des Nationalsozialismus. In eindrucksvoller Art und Weise stellte sie dar, wie sich die systematische Verfolgung von Jüdinnen und Juden auf die Lebenswelt der Kinder auswirkte. Sie verdeutlichte die Erlebnisweisen der Kinder und beschrieb, wie sich ihr Leben von Tag zu Tag veränderte. Mit der Hilfe von musikalischen Inhalten und einigen graphischen Darstellungen konnten die Teilnehmenden das Erzählte nachverfolgen. Nachfragen an das Publikum regten zum Nachdenken an, inwiefern ihre Erzählungen sich gegenwärtig in Teilen auf die Lebensbedingungen von Kindern an verschiedenen Orten der Welt übertragen lassen. Den Hintergrund für den Kinder- und Jugendroman bilden dabei wahre Begebenheiten rund um die damalige jüdische Schule in Bochum und ihre Lehrerin Else Hirsch, die sich bis zuletzt für ihre Schüler*innen einsetzte.
Neben einer Lesung aus „Die Verknöpften“ im LutherLAB konnte Andrea Behnke eine gleiche Veranstaltung in Kooperation mit dem Fanprojekt Bochum auch an der Nelson-Mandela-Schule durchführen. Die Nelson-Mandela-Schule war in diesem Jahr die erste Bochumer Schule, an der die Ausstellung „Unsere Heimat, unsere Liebe“ zeitweise ausgestellt wurde. Ein Bericht hierzu sowie zu den parallel durchgeführten Projektwochen ist hier zu finden.

In seinem Vortrag „Belarus: Fußball, Proteste und Fans – Einer für alle, alle für einen!“ konnte Ingo Petz, Mitbegründer des Projektes Fankurve Ost und Leiter des Projektes zu Belarus bei DEKODER, Einblicke in die Geschichte und Kultur eines Landes geben, das vielen hierzulande bisweilen unbekannt ist. Im Rahmen der außerschulischen politischen Bildung des Fanprojekt Bochum konnten zunächst jugendliche VfL-Fans einen Blick über den Tellerrand deutscher Fußballfanszenen und ihres politischen Engagements erlangen und dem benannten Vortrag im Fantreff des Fanprojekt Bochum erleben. Eine zweite Veranstaltung am Folgetag im LutherLAB war für alle Interessierten geöffnet. In seinem Vortrag, der zunächst einen Überblick über die Geographie des Landes und seiner Geschichte gab, konnten die Teilnehmenden zahlreiches Wissen zu den gesellschaftlichen und politischen Hintergründen der seit Sommer 2020 stattfindenden Protestbewegung erfahren, die sich gegen den Langzeitautokraten Aljaksandr Lukaschenka richtet. Mithilfe zahlreicher biographischer Berichte und Videobeiträgen konnten die Teilnehmenden ein eindrückliches Bild von den gegenwärtigen Verhältnissen in Belarus gewinnen, in denen eine Vielzahl von friedlich für politische Veränderungen in ihrem Heimatland eintretenden Belarussen und Belarussen repressiven Maßnahmen der Machthabenden ausgesetzt ist. Die Bezüge zum Fußballsport und verschiedener Fangruppen boten interessante Einblicke in die politische Dimension des Fußballs sowie seiner Fans und zeigten gleichzeitig, wie auch Fußballfans und bekannte Sportler*innen in das Visier eines autoritär regierten Staates gerieten.

Den Abschluss der Veranstaltungen der Fußball-Kulturtage NRW in Bochum bildete die Vorführung des Dokumentarfilms „Schwarze Adler“ im endstation.kino im Veranstaltungsort Bahnhof Langendreer. „Schwarze Adler“ zeichnete in eindrucksvoller Weise den (Alltags-)Rassismus nach, dem Schwarze im Kontext des Profifußballs in den vergangenen Jahrzehnten und in der Gegenwart auf und abseits des Fußballplatzes ausgesetzt waren. Der Film gab Betroffenen den Raum, ihre Erfahrungen ohne weitere Kommentierungen zu schildern. Neben einer Vielzahl weiterer betroffener Akteur*innen, kam unter anderem Erwin Kostedde als erster Schwarzer in der deutschen Fußballnationalmannschaft zu Wort. Weitere bekannte Persönlichkeiten wie Steffi Jones und Shary Reeves rückten dabei ebenfalls in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung mit einem strukturellen Problem, das trotz zahlreicher Bekundungen zu Werten wie Toleranz und Weltoffenheit, weiterhin eine zentrale Diskriminierungsform innerhalb unserer Gesellschaft darstellt. Mit dem Film konnte den zahlreichen Teilnehmenden somit die Möglichkeit einer Sensibilisierung für gegenwärtige rassistische Narrative in unserer Gesellschaft gegeben werden.