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Workshop zu Geschichtsbewusstsein und Medienkompetenz

Desinformation gefährdet Menschenleben sowie den Erhalt demokratischer Einrichtungen auf der ganzen Welt. Das vergegenwärtigt aktuell nicht nur der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, sondern auch Parlamentswahlen in Ungarn und Serbien offenbaren die Bedrohungspotenziale propagandistischer Medien und wahrnehmbarer Tendenzen der Autokratisierung. In einem dreitägigen Workshop mit Oberstufen-Schüler*innen der Willy-Brandt-Schule hat das Fanprojekt Bochum die Geschichte der Stadt Bochum im Nationalsozialismus, Mechanismen der Desinformation sowie aktuelle antidemokratische Entwicklungen thematisiert und reflektiert. Die unmissverständliche Botschaft der Schüler*innen lautet: Gerade aufgrund der aktuellen Entwicklungen darf kein Schlussstrich unter die NS-Vergangenheit gezogen werden. Vielmehr besteht generationenübergreifend signifikanter Nachholbedarf bei vielen Bochumer*innen hinsichtlich ihres Geschichtsbewusstseins. Für die Erforschung des Ausmaßes der Beteiligung von Bochumer*innen an nationalsozialistischen Verbrechen, auch der Shoa, begaben sich die Schüler*innen in die Ausstellung „Unsere Heimat, unsere Liebe.“

Unsere Heimat, unsere Liebe?!

An drei Workshoptagen á vier Schulstunden erwarteten die Schüler*innen spannende Inhalte und Methoden. Das übergreifende Ziel: Junge Menschen werden zu geschichtsbewussten Multiplikator*innen ausgebildet sowie zur selbständigen Führung durch die Ausstellung des Fanprojekt Bochum befähigt. Im Rahmen von Einzel-, Partner*innen- und Gruppenarbeiten sammelten die jungen Kurator*innen individuelle Eindrücke und legten somit den Grundstein für die Erarbeitung ihrer individuellen Führungen. Das partizipative und interaktive Element unseres Formats der politischen Bildung wird flankiert von kurzweiligen, theoretischen Inputs zu unterschiedlichen Themenkomplexen. Diverse Ausprägungen von Antisemitismus sowie relevante Differenzierungen zwischen Fachtermini wie Falsch-, Mal- und Desinformation werden auf diese Weise abwechslungsreich vermittelt. Der Lokalbezug des Workshops, die Fokussierung auf die eigene Stadt, ermöglicht neue Perspektiven auf das Lernobjekt NS-Geschichte. Der Ansatz der Auseinandersetzung mit lebensweltlichen Erinnerungsorten der jungen Menschen bietet einen günstigen Einstieg für die vertiefende Reflexionen über die Zeit des Nationalsozialismus.

Aus der Geschichte lernen

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Konnten sich Bochumer*innen über die Entwicklungen in ihrer Stadt von 1933 bis 1945 über unabhängige Medien informieren? Auf welche Schlüsselelemente können Demokratien nicht verzichten? Was bedeutet eigentlich Autokratisierung? Welche Quellen sind seriös und wie können wir Desinformation als solche entlarven?

Neben dem Austausch zu diesen anregenden Fragen beleuchteten die Schüler*innen nationalsozialistische Narrative, die bspw. auf der „Rassenideologie“ der NS-Regierung fußten. Im Plenum wurde über persönliche Diskriminierungserfahrungen berichtet. Schnell wurde deutlich: Vorurteile stellen Konstrukte dar, eine Schülerin sprach treffenderweise von „Erfindungen“. Doch anders als in unserem aktuellen politischen System, in dem sozial engagierte und zivilcouragierte Akteur*innen und Einrichtungen Marginalisierungsprozessen begegnen, gestaltete sich dieser Einsatz für Opposition und Minderheiten im geschlossen-autokratischen NS-System lebensbedrohlich. Ausgrenzung stellte die Doktrin der Regierung dar, war also staatlich verordnet. Menschenrechtler*innen und Oppositionelle in autokratischen Staaten werden auch heute systematisch bedroht. Ein fairer politischer Wettbewerb wird so aktiv durch Amtsinhaber verhindert.

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the best way to learn…

Im Anschluss an den dreitägigen Workshop führten die Teilnehmenden Mitschüler*innen der 10. Klasse durch die Ausstellung. Die Multiplikator*innen entschieden selbstständig, welche Aspekte der Ausstellung aufgegriffen werden. Die auf diese Weise entstehenden originellen und persönlichen Führungen helfen den Teilnehmenden, Erlerntes anzuwenden und zu vertiefen. Getreu dem Motto: the best way to learn is to teach.